Atelier Gespräch: Vorhang auf! Theaterfotografie von Ruth Walz
In Kooperation mit dem Museum der Moderne Salzburg
28. Juni 2023, 18.00 Uhr
Rupertinum (Altstadt)
Wiener-Philharmoniker-Gasse 9
Sabine Coelsch-Foisner im Gespräch mit dem Direktor des Museum der Moderne Salzburg Harald Krejči den Kuratorinnen Barbara Herzog und Kerstin Stremmel
Den Videobeitrag zum Atelier Gespräch finden Sie hier.
Wie kann eine fotografische Momentaufnahme die vielschichtigen Dynamiken, Kohärenzen und Spannungen eines Bühnengeschehens festhalten? Wie die Atmosphäre einfangen, die sich aus den vielen Parametern des Theaters – aus Körpern und Requisiten, Proxemik, Mimik, Kostüm, Licht etc. – ergibt, ohne deren Summe zu sein? Oder lässt sich die Antwort auf die Frage, wann Bühnenfotografie gelingt und welchen Ansprüchen sie zu genügen hat, genau darin verorten, dass Theater per se Vorhandenes auf immer neue Weise verbindet und zu immer Neuem transformiert? Theaterfotografie scheint das Unmögliche möglich zu machen, indem die stummen Bildmomente im Ensemble einer Ausstellung beim Rezipient_innen Assoziationen wecken, zu Reflexion anregen, emotional berühren – also genau das auslösen, was Theater zu leisten vermag. Mit einer Ausstellung der Fotografien von Ruth Walz lädt das Museum der Moderne Salzburg seine Besucher_innen ein, sich auf dieses Medium einzulassen, das uns nicht nur – dokumentarisch – Einblicke in vergangene, bestenfalls erinnerte Theaterproduktionen zu vermitteln vermag, sondern uns eine künstlerische Perspektive auf das Besondere von Momenten eröffnet, die wir als solche sonst nicht wahrnehmen. Ruth Walz ist eine Größe ihrer Sparte und bekannt durch ihre Tätigkeit an der Berliner Schaubühne in den 1970er und 80er-Jahren sowie durch ihre Arbeiten für die Salzburger Festspiele, vor allem für ihre langjährige Zusammenarbeit mit den Regisseuren Peter Stein, Klaus Michael Grüber, Luc Bondy, Peter Sellars, Pierre Audi und Robert Wilson. Das Motto „Vorhang auf!“ ist also mehrdeutig: Es meint das Motiv des Vorhangs in Walz‘ Fotografien, die Erfahrung Theater mittels Fotografie, und eine neue Ära des Museum der Moderne Salzburg unter neuer Leitung.
Atelier Gespräch: L'Orfeo - Italienisches Puppentheaterjuwel bei den Pfingstfestspielen 2023
In Kooperation mit der Compagnia Marionettistica Carlo Colla & Figli im Vorfeld der Pfingstfestspiele
25. Mai 2023, 16.00 Uhr
Konferenzraum, Edmundsburg
Mönchsberg 2
Univ.-Prof. Dr. Sabine Coelsch-Foisner im Gespräch mit dem Leiter der Compagnia Marionettistica Carlo Colla & Figli Piero Corbella
Den Videobeitrag zum Atelier Gespräch finden Sie hier.
Claudio Monteverdis Orfeo (1607) wird gemeinhin als ‚Ur-Oper‘ bezeichnet, wenngleich sie nicht die erste ihrer Gattung war. Kein mythischer Held entsprach der um 1600 in Florenz neu entstandenen musikdramatischen Kunstform mit durchgängigem Gesang mehr denn der Halbgott Orpheus. Seine magische Sangeskunst überstrahlt die Klänge der Sirenen, erwirkt die Erlaubnis der Götter, in die Unterwelt hinabzusteigen, und rührt Persephone und Hades. Doch Orpheus verliert Eurydike abermals, als er verbotenerweise nach ihr zurückblickt. Im Orpheus-Mythos erfährt die Oper ihre Legitimation, denn in den Anfängen dieser neuen Gattung erzählten die Texte, wie Abbate/Parker festhalten, „Geschichten von Nymphen, Schafhirten und Halbgöttern, die in Zaubergärten oder fantastischen ländlichen Paradiesen lebten, Figuren, die so realitätsfern waren, dass man sich nicht wundern würde, wenn sie ihre Texte sangen.“[2] Was liegt näher, als diese Kunstform mit Kunstwesen darzustellen? Im Rahmen der Pfingstfestspiele gelangt Monteverdis Orfeo mit den Fadenpuppen des Marionettenensembles Carlo Colla e Figli aus Mailand, einer der ältesten Puppenspielergruppen Italiens, zur Aufführung. Man darf sich freuen auf diese favola in musica mit verblüffenden Showeffekten in barocker Theatermanier. Das Atelier Gespräch gibt Einblick in das Besondere der Carlo Colla Marionetten, der Spielkunst und Bühnentechnik dieser Compagnie, sowie in ihre Werkstätten und das historische Archiv[3] in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Produktionsstätten des Teatro alla Scala. Geschichtsträchtiger Boden und erlesenes Bühnenspektakel!
[2] Carolyn Abbate und Roger Parker, Eine Geschichte der Oper: Die letzten 400 Jahre (München: C.H. Beck, 2013), S. 68-9.
[3] Piero Corbella, „Carlo Colla & Figli: A Marionette Company Blending Tradition and Innovation“, in: Sabine Coelsch-Foisner und Lisa Nais (Hg.), In the Beginning Were Puppets: Towards a Poetics of Puppetry, Wissenschaft und Kunst 39 (Heidelberg: Winter, 2023), S. 203-215.
Atelier Gespräch: Die Dreigroschenoper
In Kooperation mit dem Schauspielhaus Salzburg
16. Mai 2023, 18.00 Uhr
Säulenfoyer, Schauspielhaus Salzburg
Erzabt-Klotz-Straße 22
Mit dem Chefdramaturgen und Regisseur Jérôme Junod und Mitwirkenden der Produktion
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Bertolt Brechts Die Dreigroschenoper (UA 1928 im Theater am Schiffbauerdamm in Berlin) mit der Musik von Kurt Weill basiert auf John Gays The Beggar’s Opera (UA 1728 im Londoner Lincoln’s Inn Fields Theatre). Beide Stücke sind Meilensteine der Theaterkunst: Gay legt den Grundstein für die englische Balladenoper, die sich durch die Mischung von Sprechtheater und populären Gesängen von der hohen italienischen Oper abhob und gleichzeitig als Theatersatire ein Meisterwerk der englischen Aufklärung darstellt. Die Protagonisten sind Gangster, Bettler, Prostituierte – Aushängeschilder für die Missstände der Gesellschaft. Amüsant und politisch brisant zugleich, hat sich die Ballad opera mehr als Vorbild des Musicals denn als nachhaltige Konkurrenz zur Opera seria entwickelt. Die Wandlungsfähigkeit der Dreigroschenoper und ihre immerwährende Aktualität belegen Bearbeitungen des 20. Jahrhunderts von Benjamin Britten bis Václav Havel, vor allem Brechts eigene Adaptionen. Vor dem Hintergrund der Parodie und Karikatur einer aufgeklärten Gesellschaftssatire, dem ‚Epischen Theater‘ Brechts mit seiner kritischen Distanz zum Publikum, sowie der aufkommenden Massenunterhaltung in den „Goldenen 20ern“ der Weimarer Republik, darf mit Spannung erwartet werden, wie Brechts Aufbegehren in der Inszenierung von Regisseur Jérôme Junod und der musikalischen Leitung von Gernot Haslauer angesichts heutiger Krisen umgesetzt wird.
Atelier Gespräch: Jolanthe / Der Nussknacker - von der Kunst, die Welt zu träumen, wie sie ist
In Kooperation mit dem Salzburger Landestheater
17. April 2023, 18.00 Uhr
HS E.003, Unipark
Erzabt-Klotz-Straße 1
Univ.-Prof. Dr. Sabine Coelsch-Foisner im Gespräch mit dem Chefdisponenten und Leiter der Abteilung Musiktheater Andreas Fladvad-Geier, dem Choreografen Reginaldo Oliveira und Tänzer_innen und Sänger_innen der Produktion
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Die lyrische Oper Jolanthe und das Ballett Der Nussknacker, beides Werke des russischen Komponisten Pjotr Iljitsch Tschaikowsky (1840-1893), wurden 1892 im Mariinski-Theater in Sank Petersburg uraufgeführt. Als Doppelabend konzipiert, werden sie heute selten gemeinsam gespielt, wenngleich beide Stücke vom Erwachsenwerden handeln und den Aufbruch in eine neue Welt signalisieren. Der Nussknacker erzählt einen Traum: Clara (hier Marie) hat zu Weihnachten einen Nussknacker geschenkt bekommen und träumt von einer Schlacht zwischen den vom Nussknacker angeführten Spielzeugsoldaten und dem Heer des Mäusekönigs. Als sie ihrem Nussknacker hilft, die Schlacht zu gewinnen, verwandelt sich dieser in einen Prinzen und nimmt sie mit ins Reich der Zuckerfee. Das Landestheater verwebt Maries Traum mit der Fantasiewelt der blinden Prinzessin Jolanthe, die geheilt wird, als sie der zukünftige Geliebte, gegen den Willen ihres Vaters König René, über ihre Blindheit aufklärt. Dopplung oder Gegenwelt? Jolanthe, die Maries Abenteuer lebendig werden lässt und selbst zu neuem Leben erwacht, eröffnet zweifellos Spielraum für subtile ästhetische und psychologische Auslegungen.
Atelier Gespräch: Dr. Seuss und das Anthropozän: Der Lorax
In Kooperation mit dem Salzburger Landestheater
20. März 2023, 16.00 Uhr
Konferenzraum, Edmundsburg
Mönchsberg 2
Univ.-Prof. Dr. Sabine Coelsch-Foisner im Gespräch mit dem Regisseur Richard Panzenböck und der Bühnen- und Kostümbildnerin Geraldine Massing
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Der amerikanische Kinderbuchautor und Cartoonzeichner Theodor Seuss Geisel (1904-1991), bekannt als Dr. Seuss, gehört zu den meistgelesenen englischsprachigen Kinderbuchautoren. Auf unnachahmliche Weise gelingt es ihm, die Welt surreal-grotesk zu übersteigern, zu verzerren oder fantasievoll auf den Kopf zu stellen, um den Funken Wahrheit aus ihr herauszuschütteln und seinen kleinen Leser_innen Mut zu machen und Selbstvertrauen und Zuversicht zu geben. Geschichte um Geschichte entwirft er aberwitzige Szenarien und Begegnungen mit skurrilen Gestalten, die menschliche Lebens- und Verhaltensweisen aufdecken, ohne zu verletzen oder anzuprangern – ob in The Cat in the Hat, The Sneetches oder Oh, the Places You’ll Go! Eine besonders brisante Anleitung zu eigenverantwortlichem Denken bietet Der Lorax, eine Erzählung vom Plastik-Planeten Erde und dem verlorenen Paradies Natur. Die abenteuerliche Reise des kleinen Andrea in die Vergangenheit soll freilich einem großen Adressatenkreis die Notwendigkeit ökologisch verantwortungsvollen Handelns vor Augen führen. Dank seiner Strahlkraft und der Unmittelbarkeit der Begegnung mit dem Publikum ist das Theater in besonderer Weise aufgerufen. Die Bühnenfassung für das Landestheater hat Regisseur, Schauspieler und Puppenspieler Richard Panzenböck geschrieben.
Siehe auch Atelier Gespräch: Anthropozän – Oper im arktischen Eis (28. April 2021), Sabine Coelsch-Foisner im Gespräch mit Helmuth Trischler: https://youtu.be/MSo7u7QwuRs
Atelier Gespräch: Der Erste Stein - Ein Todsündentanz
In Kooperation mit dem Schauspielhaus Salzburg
14. März 2023, 18.00 Uhr
Säulenfoyer, Schauspielhaus Salzburg
Erzabt-Klotz-Straße 22
Univ.-Prof. Dr. Sabine Coelsch-Foisner im Gespräch mit der Regisseurin Dora Schneider und dem Theologen Ass. Prof. Dr. Frank Walz (Fachbereich Praktische Theologie, Universität Salzburg)
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„Sünde – zu viel des Guten?“ betitelt der Theologe Rudolf Pacik [1] seinen Aufsatz zu den sieben Hauptsünden, denn streng genommen handelt es sich beim ‚klassischen‘ Sündenkatalog – Hochmut, Habsucht, Unzucht, Neid, Völlerei, Zorn, Trägheit – um „Hauptlaster“, das sind ins Negative umgeschlagene Antriebe, also wenn dem Menschen das rechte Maß verlorengeht. Je nach Schwere der Schuld wird zwischen „Todsünde“ und „lässlicher Sünde“ unterschieden. Doch wie erkennt man das rechte Maß? Und hat sich nicht so manches Laster in unserer heutigen Gesellschaft zum normalen Lebensstandard oder womöglich sogar zu einer Tugend entwickelt? Wenn der mehrfach ausgezeichnete Autor Bernhard Studlar (Kleist Förderpreis, Preis des Heidelberger Stückemarktes, Preis der österreichischen Theaterallianz) zum Todsündentanz bittet, darf mit Spannung erwartet werden, wo dieses Auftragswerk des Salzburger Schauspielhauses Akzente setzt und wie es die Grenzen zwischen den Kardinalstugenden und den benachbarten Sünden auf der Bühne verhandelt – subversiv, makaber, grotesk, komisch oder tragisch.
[1] Rudolf Pacik. „Sünde – Zu viel des Guten“, in Sabine Coelsch-Foisner und Michaela Schwarzbauer (Hg.), Leidenschaft und Laster, Wissenschaft und Kunst Band 13 (Heidelberg: Universitätsverlag Winter, 2010), S.3-13.